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Reflexives Einsatztraining "RET"
Wie kann man Einsatzkräften dabei helfen, einen angemessenen Umgang mit den besonderen psychischen Belastungen im Beruf zu entwickeln? Mit dieser Fragestellung setzt sich ein neues, interdisziplinäres Bildungsangebot des ASB Bremen auseinander: Das “Reflexive Einsatztraining” (RET) richtet sich an Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehren sowie der Rettungsdienste und Katastrophenschutzeinheiten.
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Das Wichtigste auf einen Blick
- Das RET (Reflexive Einsatztraining) ist ein Ein-Tages-Workshop für bis zu 12 Teilnehmende aus Blaulichtberufen, der von zwei Moderator:innen begleitet wird.
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Mittels Selbstreflexion werden mit einem präventiven Ansatz besondere Belastungen, moralische Dilemmasituationen und berufsethische Spannungsfelder im Einsatzalltag thematisiert.
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Die Schulung ist von Einsatzkräften für Einsatzkräfte konzipiert
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Voraussichtlich ab dem 2. Quartal 2026 finden die Kurse in einer eigenen Schulungshalle statt, die aktuell mit Fördermitteln des Bundes errichtet wird.
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Vorab sind Schulungen als RET-Teaser möglich.
Hintergrund und Konzept
Idee und Hintergrund
Einsatzkräfte der „Blaulichtberufe” sehen sich täglich menschlichen Abgründen gegenüber. Ihr Alltag stellt nicht nur eine physische, sondern oft genug auch eine psychische Herausforderung dar, nicht im Laufe der Zeit zu verhärten oder Vorurteilen gegenüber bestimmten Gruppen zu erliegen. Ihr moralischer Wertekompass wird immer wieder neu gefordert.
Das neue, interdisziplinäre Bildungsangebot des Arbeiter-Samariter-Bund Landesverband Bremen e.V. setzt sich genau hiermit auseinander: Das RET für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst thematisiert das persönliche Spannungsfeld zwischen der eigenen, menschlichen Unvollkommenheit auf der einen und erwarteter Professionalität auf der anderen Seite. Das Training soll Einsatzkräften dabei helfen ihren inneren Wertekompass stabil zu halten, gegebenenfalls neu zu justieren und einen angemessenen Umgang mit den besonderen psychischen Belastungen im Beruf zu entwickeln.
Das Zentrum für ethische Bildung und Seelsorge (ZeBuS) der Polizeiakademie Nordrhein-Westfalen (Projekt „Grenzgang“ und „Kraftraum“) sowie die niederländische Polizeiakademie (Projekt „Mensenwerk“) bieten seit Jahren mit großem Erfolg ähnliche Workshops an, die Einsatzbelastungen, Wertorientierungen und ethische Fragestellungen für Kräfte der Polizei thematisieren. Beim RET wird dieses Konzept auf die Bereiche Feuerwehr und Rettungsdienst erweitert sowie mit einem speziellen Schulungszentrum ausgestattet. Damit ist das RET in seiner Ausgestaltung innovativ und bundesweit einmalig.
Konzept
In der Schulung werden Grenzsituationen gezielt anhand von Echteinsätzen besprochen, Dilemmata aufgezeigt und Handlungsalternativen entwickelt. Der Fokus liegt auf der Selbstreflexion der Teilnehmenden, die begleitet durch Moderator:innen auch anhand ihrer eigenen Einsatzerfahrungen zum Nachdenken über die eigenen Überzeugungen und daraus resultierenden Verhaltens- und Handlungsweisen angestoßen werden. Aufgrund dieses Fokus verzichtet das Konzept auf den „erhobenen Zeigefinger“. Das RET dient als geschützter Raum für einen freien Austausch. Verschiedene Meinungen dürfen nebeneinanderstehen, sofern sich diese auf dem Boden des Grundgesetzes befinden.
Zielgruppe
Primäre Zielgruppe sind Einsatzkräfte aus allen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Neben Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst findet das Konzept auch weitere Anknüpfungspunkte, etwa bei THW oder im Bereich des Personals von Justizvollzugsanstalten.
Die thematischen Schwerpunktsetzungen erfolgen nach individuellem Bedarf der Teilnehmenden. Gegenwärtig finden die Schulungen üblicherweise in geschlossenen Gruppen (z.B. Dienstgruppen) je Organisation statt.
Projektbeteiligte/Arbeitsgruppe
Das RET versteht sich als Schulung von Einsatzkräften für Einsatzkräfte. Das Konzept und die Fallbeispiele werden in der RET-Arbeitsgruppe erarbeitet und fortlaufend weiterentwickelt. In der Gruppe sind über 20 Personen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst im Land Bremen sowie die Hochschule für Öffentliche Verwaltung und die Europäische Fernhochschule Hamburg (Euro-FH) vertreten.
Zuwendungsbau
Über das BKA erhält der ASB-Landesverband Bremen e.V. eine Zuwendung des Bundesministeriums des Inneren, mit deren Hilfe für das RET ein Schulungszentrum in der Peenemünder Str. 22-26 in 28717 Bremen-Lesum entsteht. Die Fertigstellung ist Ende des zweiten Quartals 2026 vorgesehen.
Mit der Gestaltung des Ausstellungsbaus wurde in einem Wettbewerbsverfahren die Gruppe für Gestaltung beauftragt.
Themen und Inhalte
Die Schulung gliedert sich grundsätzlich in vier Themengebiete. Der Umfang der jeweiligen Themengebiete kann je nach Schulung variieren. Das Moderatorenteam richtet sich hierbei nach dem Bedarf und der Schwerpunktsetzung der Teilnehmer:innen.
- Mensch: u.a. Menschenwürde, Umgang mit Bürger:innen, Diversität innerhalb und außerhalb der Organisation, Vorurteile/Diskriminierung, Umgang mit fremden Lebenswelten
- Gewalt und Extremsituationen: u.a. Gewaltmonopol, Machtmissbrauch, Fehlerkultur, Respektlosigkeit/Gewalt durch und gegen Einsatzkräfte, Dilemma-Situationen, Überforderung und Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit
- Sterben und Tod: u.a. Umgang mit Sterbenden und Angehörigen, Tod von Kolleg:innen, Erinnerungskultur innerhalb der Organisation, Überbringen von Todesnachrichten
- Regeneration: u.a. persönliche Kraftquellen, positive Einsatzerfahrungen, Unterstützungs- und Hilfsangebote für Einsatzkräfte
Alle Themen sind freiwillig. Vor besonders sensiblen Bereichen erfolgen Triggerwarnungen, sodass Teilnehmende den entsprechenden Abschnitt bei Bedarf auch auslassen können.
Über den Schulungsablauf werden die Themen zunehmend intensiver und belastender. Daher steht am Ende jeden RETs das Thema Regeneration, welches einen positiven Abschluss herbeiführt.
Organisatorisches und Rahmenbedingungen
RET-Teaser: Aktuell kommt ein „RET-Teaser“ zum Einsatz, der ebenfalls alle Themengebiete beinhaltet. Der Teaser ermöglicht die Durchführung von Schulungen bereits vor Fertigstellung der Halle. Erforderlich ist lediglich ein geeigneter Schulungsraum. Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass das RET abseits der Räumlichkeiten des Dienstalltags erfolgen sollte. Daher findet der RET-Teaser üblicherweise beim Bereich Bildungsangebote des ASB Bremen statt (In der Vahr 63, 28329 Bremen). Das Feedback der Teilnehmer:innen fließt in der weitere Ausgestaltung des RET ein.
Moderatoren: Ausgehend vom Lernkonzept sind die Dozent:innen im RET eher Moderator:innen als Lehrende. Jede Schulung wird von zwei Moderator:innen begleitet. Dies ist primär in der Intensität der Themengebiete begründet. Es kann durchaus vorkommen, dass eine teilnehmende Person kurzzeitig den Raum verlassen muss oder möchte. Hierbei wird immer eine Begleitung sichergestellt. Je Schulung verfügt mindestens eine Person aus dem Moderatorenteam über umfangreiche Einsatzerfahrung in der jeweiligen Organisation. Alle Moderator:innen werden mittels eines Onboarding-Konzepts auf ihre Tätigkeit im RET vorbereitet.
Wir sind immer auf der Suche nach weiteren Interessenten. Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Teilnehmerzahl: Die maximale Teilnehmerzahl beträgt 12 Personen je Schulung. Bei größeren Gruppen können mehrere Termine vereinbart werden.
Inhalt: Grundsätzlich werden alle vier Themenbereich behandelt. In Absprache mit dem Moderatorenteam sind jedoch auch individuelle Schwerpunktsetzungen nach Wunsch der Gruppe möglich.
Dauer: Vor Fertigstellung der Halle finden die Schulungen als RET-Teaser mit einem Umfang von 4,5 Zeitstunden statt. Die Trainings in der Halle sind als Ganztagesworkshop ausgelegt.
Wissenschaftliche Begleitung
Das RET wird – gefördert durch die Richtlinie „FH kooperativ“ des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt – von der Euro-FH evaluiert. Die Teilnehmer:innen des RET werden dafür im Rahmen der Schulung schriftlich und anonym befragt.
Das Forschungsprojekt zielt darauf ab, die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des Reflexiven Einsatztrainings wissenschaftlich fundiert zu untersuchen. Dabei stehen die beiden folgenden Fragestellungen im Vordergrund:
- Führt das Reflexive Einsatztraining bei Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst zu einer nachhaltig gesteigerten Resilienz in Bezug auf kritische Einsatzsituationen?
- In welchem Turnus sollte das Reflexive Einsatztraining als Fortbildungsangebot unterbreitet werden, um eine andauernde, möglichst optimale Resilienz für den dienstlichen Alltag zu fördern?
Projektwebsite der Euro-FH: https://www.euro-fh.de/ueber-uns/forschung-und-hochschuldidaktik/forschung/ret/.
- Notfallseelsorge Bremen https://www.kirche-bremen.de/kirche-in-bremen/seelsorge/notfallseelsorge/
- Einsatznachsorgeteam der Feuerwehr Bremen (auch für den stadtbremischen Rettungsdienst)
https://www.feuerwehr.bremen.de/ueber-uns/praevention-und-nachsorge/einsatznachsorgeteam-21607
- Kollegiales Betreuungsteam der Polizei Bremen
Intranet der Polizei Bremen → Gesundheit → Kollegiales Betreuungsteam
- Ortspolizeibehörde Bremerhaven: Kollegiales Betreuungsteam, Vertrauensstelle, Externe Soziale Fachberatung, Trauma-Ambulanz, Betrienbliche Suchtkrankenhilfe
Intranet der OPB
- Zentrum für gesunde Arbeit / betriebliche Sozialberatung im öffentlichen Dienst
https://performanord.bremen.de/kund-innen/zentrum-fuer-gesunde-arbeit-11853
- psychNAVi - Hilfe bei psychischen Problemen in Bremen und Bremerhaven
https://www.psychnavi-bremen.de/
https://www.psychnavi-bremerhaven.de/
- Telefonseelsorge
https://www.telefonseelsorge.de/
- PID - Psychotherapieinformationsdienst
https://www.psychotherapiesuche.de/
- Psychotherapeutensuche der KVHB Bremen
https://www.kvhb.de/praxen/arztsuche
- Notfallpsychologie-Netzwerk des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen
https://notfallpsychologie.net/
- Universität Bremen, Arbeitsstelle gegen Diskriminierung und Gewalt – Expertise und Konfliktberatung (ADE)
https://www.uni-bremen.de/ade
Weitere grundlegende Informationen zum RET-Projekt finden Sie auch unter diesen Links:

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